Die COVID-19-Pandemie beeinträchtigt nach wie vor und anscheinend wieder zunehmend unser Leben. Sie ist unangenehm, lästig, gefährlich, ermüdend, belastend, quälend und ernüchternd. Sie verändert nicht nur unser tägliches Leben, unsere Gegenwart, sondern auch unser Bild der Welt, in der wir leben, und deren Zukunft. Sie wirft uns zurück auf unsere Illusion einer Welt, in der alles so weitergehen sollte wie bisher.
Die Welt schien eine eindeutige Richtung zu haben: Immer mehr und billiger reisen, immer mehr verdienen, immer mehr produzieren, immer mehr konsumieren, immer mehr Bruttosozialprodukt. Die Zeit schien wie eine Lokomotive, die immer in dieselbe Richtung rast. Doch plötzlich kommt diese Lokomotive zu einem abrupten Halt. Die COVID-19-Krise hat unsere Illusion enttäuscht, dass es immer so weitergeht. Die Zukunft ist abgebogen und nimmt eine andere Richtung an. Aber wir wissen nicht, wohin sie geht. Das erzeugt Unsicherheiten und Ängste und erzeugt Anfälligkeit für Verschwörungstheorien.
Aber es gibt auch eine Chance zur Neu-Wahrnehmung der Wirklichkeit, in der es wieder um etwas geht: Um die Ganzheit der Gesellschaft und darum, die Realität neu zu sehen und neu zu gestalten.
Durch die COVID-Krise hindurch wird sichtbar, wie wir wirklich Schutz und Stabilität finden können: Indem wir uns wieder auf den Wert der Achtsamkeit, der Rücksichtnahme, des Miteinander einlassen. Auch indem wir wieder in Verbindung mit der Natur, mit uns selbst und unsere Nächsten und in einen neuen Dialog mit diesen treten.
Es ist kein Zufall, dass so viele Aktivitäten, die etwas mit Natur zu tun haben, jetzt boomen: Wie viele Radrennfahrer die Serpentinen Hong Kongs Islands entlangradeln, wie viele Kolleginnen und Kollegen und Eltern von ihren Wandertouren erzählen. Wie viele Menschen in Europa und überall in der Welt das Leben auf dem Land neu entdecken.
Sicherlich, wir vermissen das Reisen und den jederzeit möglichen Flug überallhin. Sicherlich, der Einbruch in der Tourismusindustrie richtet unermesslichen wirtschaftlichen Schaden an. Die zukünftige Weltwirtschaft wird langsam wieder wachsen, wenn das Virus erst einmal besser bekämpft werden kann, aber vielleicht wird diese Weltwirtschaft auch qualitativer wachsen. Es muss und wird im Business der zukünftigen Jahre deutlich mehr um Nachhaltigkeit gehen, um eine Wirtschaft, die unsere gegenwärtigen Erfahrungen als Lernprozess einbezieht. Dieser Lernprozess muss auch Gegenstand des schulischen Lehrens und Lernens sein, sonst wäre das Leiden an den gegenwärtigen einschränkenden und belastenden Umständen zu vergeblich und sinnlos gewesen.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende
Ulrich Weghoff
Schulleiter
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